AStA der Medizinischen Hochschule Hannover

„Wenn Frauen aufhören Kinder zu bekommen, werden sie auch eher Chefärzt*innen“

Zu Beginn machte sie direkt ganze sechs Fehlannahmen aus, die mit dem Zitat einhergehen, an dieser Stelle zitieren wir aus ihrem Vortragsskript, welches sie dankenswerterweise auch auf ihrem Blog (http://christina-mundlos.de/wenn-frauen-aufhoeren-kinder-zu-bekommen-werden-sie-auch-eher-chefaerztinnen-eine-kritische-beleuchtung/) online gestellt hat:

Nachdem in unserer Studierendenschaft per Mail die Aussage „Wenn Frauen aufhören Kinder zu bekommen, werden sie auch eher Chefärzt*innen“ einseitig diskutiert wurde, konnten und wollten die kritischen Mediziner*innen das Ganze nicht unbeantwortet lassen und haben am 06.06. die feministische Sachbuchautorin, Speakerin, Beraterin und Geburtsbegleiterin Christina Mundlos eingeladen, um über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie die Diskriminierung von Müttern zu diskutieren.

1. Fehlannahme: Kinderlose werden entsprechend ihrer Qualifikation beurteilt und befördert.
Fakt hingegen ist: Auch kinderlose Frauen werden diskriminiert und gelangen bei gleicher Qualifikation schwerer an Führungspositionen als Männer. Frauen zu empfehlen, einfach keine Kinder zu bekommen, führt ganz schnell in die doppelte Enttäuschung: keine Kinder & keine Karriere.

2. Fehlannahme: Es wäre erstrebenswert auf Chefärzt*innen-Positionen nur Menschen zu haben, die die Vereinbarung outgesourced haben (Männer).
Fakt ist: Jeder Beruf – erst recht Führungspositionen – profitieren von Vielfalt und Heterogenität. Homogenität reduziert Qualität und Fortschritt und auch den finanziellen Erfolg. Unternehmen, die mindestens 30% Frauen in Führungspositionen haben, steigern ihren Gewinn um 10-15% gegenüber Unternehmen mit nahezu rein männlich besetzten Führungsriegen. Aber unabhängig vom ökonomischen Aspekt: Vielfalt nicht zu unterdrücken ist eine moralische Verpflichtung in einer humanistischen Gesellschaft.

3. Fehlannahme: Vereinbarung wird von allen Männern outgesourced – alle Männer leben also das traditionelle Modell.
Fakt ist: Das trifft sicher auf viele zu – aber eben nicht auf alle.

4. Fehlannahme: Frauen können die Vereinbarung generell nicht outsourcen.
Fakt ist: Wie bei den Männern auch, mag das auf viele zutreffen, aber nicht auf alle.

5. Fehlannahme: Frauen sind selber schuld an der Diskriminierung und folglich sind sie es, die sie verhindern können.
Fakt hingegen ist: Die Idee, Frauen müssten halt einfach auf Kinder verzichten, dann könnten sie auch Chefärztinnen werden, schiebt einseitig den Frauen die Problematik zu und entlastet gleichzeitig Väter, Politik, Gesellschaft und Arbeitgeber. Könnte dann ja alles so bleiben wie es vor 50 Jahren schon war. Diskriminierung geht aber nicht von der diskriminierten Gruppe aus sondern von denjenigen, die diskriminieren. Alles andere ist eine Täter-Opfer-Umkehr, ein Victim-Blaming, welches den Blick weg von den wahren Verantwortlichen lenkt. Wo um alles in der Welt rät man diskriminierten Personen, die Diskriminierung zu verhindern, indem sie sich verändern? Also indem sie ihre Diskriminierungskategorie loswerden…eine andere Religion annehmen, eine andere sexuelle Orientierung annehmen, eine andere Frauenrolle leben etc.

6. Fehlannahme: An der gesellschaftlichen Diskriminierung von Müttern soll und wird sich nichts ändern – ebensowenig wie an den Geschlechterrollen.
Fakt aber ist: Es gibt genügend Menschen, die die bestehenden Verhältnisse verändern möchten und sich für eine diskriminierungs- und gewaltfreie Welt einsetzen. Frauen und Menschen, die weiblich sozialisiert und/oder gelesen werden, leiden unter dem traditionellen Mutterbild. Ganze 96% der Mütter wollen berufstätig sein.

Dem haben wir nicht mehr viel hinzuzufügen. In diesem Sinne sagen wir vielen Dank Christina Mundlos (http://christina-mundlos.de/) und bedanken uns bei allen, die trotz des ersten Medi-Tages zur Veranstaltung gekommen sind!

/sbs